Warm Baden, Wandern und süße Schokolade

 Isabel Allende: Fortunas Tochter. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1999.

Diesmal mache ich Urlaub in Villach, genaugenommen in Warmbad Villach. Das macht nicht nur wegen der Nähe zur Therme einen Unterschied, sondern auch wegen der Wandermöglichkeiten. Das Hotel Garni Sohler, in dem ich eine wunderschöne Zeit verbringe, liegt direkt am Naturpark Dobratsch. In die Innenstadt von Villach ist es trotzdem nicht weit, auch der Faaker und der Ossiacher See sind leicht zu erreichen.

Diese Vielfalt an Möglichkeiten bietet eigentlich keine idealen Voraussetzungen um etwas zu lesen, zumal ich den Thermentag am Anfang meines Aufenthaltes nicht für die Lektüre von Fiktionalem, sondern vor allem für die Planung der Wanderungen dieses Urlaubs verwende.

Schließlich nehme ich aber doch ein Urlaubsbuch in die Hand: "Fortunas Tochter" von Isabel Allende


"Fortunas Tochter" von Isabell Allende bei der Studenca-Quelle. Foto: A. Ghoneim

Es ist eine Taschenbuchausgabe von 1999 und war vermutlich ein Geschenk, das schon sehr lange in meinem Bücherregal auf Lektüre wartete. "Das Geisterhaus" von Isabel Allende hatte ich förmlich verschlungen, und ich war offensichtlich nicht die einzige. Durch dieses Buch war die Autorin "aus dem Stand zu einer der erfolgreichsten Schriftstellerinnen der Welt" (Burkhard Müller, SZ) geworden.

In "Fortunas Tochter" entwickelt sich die Geschichte der Protagonistin, Eliza Sommers, zwischen gleich drei Familiengeschichten und vor dem Hintergrund eines heimlichen Aufbruchs aus dem chilenischen Valparaiso der späten 1840er Jahre. Eliza ist erst 16 Jahre und schmuggelt sich auf ein Schiff ein um ihre (vermeintliche) große Liebe zu suchen -  Joaquín, der versucht, in Kalifornien Gold zu finden. Als blinder Passagier überlebt die Protagonistin eine Fehlgeburt, danach reist sie verkleidet als schwachsinniger Bruder des Chinesen Tao Chi'en und schließlich als chilenischer Mann, der den Spitznamen "Chileito" bekommt. Isabel Allende wäre nicht noch immer Bestsellerautorin, wenn ihre "Saga" (Burkhard Müller) nicht sowohl die chilenische Gesellschaft am Ende des 19. Jahrhunderts als auch die Zeit des Goldrausches in Kalifornien auf wohlrecherchierter Basis darzustellen verstünde. Auch mit Erfundenem und Ornamentalem geizt sie nicht. Eliza meistert und überlebt alle Schwierigkeiten, die sich ihr in den Weg stellen, mit Hilfe von Freund*innen und Geschick. Hinweise, dass Tao Chi'en sich am Ende als ihre wahre große Liebe erweisen wird, gibt es schon sehr frühzeitig, dennoch bleibt die Spannung erhalten.

Das Buch zu lesen war so, wie viel süße Schokolade zu essen: durchaus befriedigend, wenngleich das Gefühl bleibt, es hätte Besseres gegeben. Bei aller möglichen Kritik an dieser Art von Literatur ist festzuhalten: Es ist ein Roman, der von vielen Leserinnen (aber vermutlich nicht von allzuvielen Lesern) gelesen wird, in dem eine Frau im späten 19. Jahrhundert - völlig unüblicherweise - ihren eigenen Weg sucht und findet. Auch bei der Liebe lässt sie sich nicht durch Klassen- oder Rassengrenzen einschränken. 

Dennoch "parke" ich das Buch eher verschämt in der Literaturlounge des Musilmuseums in Klagenfurt, nachdem ich auf der Zugfahrt dorthin die letzten Seiten gelesen habe. Es wartet wohl dort noch darauf "adoptiert" zu werden.  Ich adoptiere kein Buch, weil ich mir bei einem Villach-Spaziergang bereits "Das wilde Kärnten", die Kärnten-Trilogie von Josef Winkler gekauft habe. Aber das ist eine eigene Geschichte...

Verfasserin: Andrea Ghoneim

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