Telefónica: Madrid 1936 und Wien 2020 bis 2021

Ilsa Barea Kulcsar: Telefónica. Wien: Edition Atelier 2019.

Am 27. Jänner 2020 erinnere ich mich selbst via Facebook an eine Buchpräsentation am Donnerstagabend. Somit war die allererste Präsentation von Telefónica am 30.1.2020 – jedenfalls entspricht das meiner Erinnerung. Ich freue mich über die schönen Räume des Vereins für die Geschichte der Arbeiterbewegung, der im Haus des Vorwärts-Verlags untergebracht ist. Außerdem freue ich mich über das Wiedersehen mit dem Germanisten Georg Pichler, den ich bei einer Tagung in Kairo kennengelernt habe. Er ist der Herausgeber des Romans „Telefónica“, der als Fortsetzungsroman in der Arbeiterzeitung erschienen war. Georg Pichler hat ihn wieder entdeckt.

Die Präsentation ist spannend, auch, weil nicht nur die Geschichte der Wiederentdeckung des Romans zur Sprache kommt, sondern ebenso jene des Lebens der Autorin. Diese, in Wien geboren als Ilse Pollak, ging 1936 nach Spanien und arbeitete dort in der Zensurstelle in der „Telefónica“ in Madrid. Die Telefónica, das erste Hochhaus Europas, diente den republikanischen Kräften als Beobachtungszentrale und Pressezentrum. Ilse Pollak lernte dort ihren späteren Mann Arturo Barea kennen, mit dem sie versuchte durch Änderungen der Arbeit in der Zensurstelle eine bessere Öffentlichkeitswirksamkeit für die junge spanische Republik zu erreichen. Inzwischen (2021) wird die Geschichte von Ilse/Ilsa Barea-Kulcsar im Magazin des Wienmuseums ausgezeichnet dargestellt – wieder von Georg Pichler.

2020 kannte ich die Autorin nur durch die Präsentation, aber es war sofort klar für mich, dass ich ein Buch mit nach Hause nehmen musste. Der Roman war das erste Buch, das ich im ersten COVID-Lockdown las. Er saugte mich ein in die Geschichte der deutschen Journalistin Anita Adam, der Protagonistin, die in der Telefónica arbeitet, versucht, die Zensurarbeit pressefreundlicher zu gestalten und dabei dem Kommandanten Agustín Sánchez näher kommt, während Bomben fallen und sich die beiden auch in ihren eigenen Reihen Feinde machen, weil die militärische Führung die innovative Arbeit der Journalistin nicht versteht.„Telefónica“ ist ein Roman, den ich schnell lesen „musste“ und nicht gern aus der Hand gelegt habe. Mehr Zeit habe ich mir für die Geschichte von Ilsa Barea-Kulcsar genommen, die im Buch ebenfalls ausgezeichnet dargestellt ist.

Wegen meines überfüllten Bücherregals fristete „Telefónica“ ein dem Buch wahrlich nicht angemessenes Dasein in der Zwischenablage meines Couchtisches. Als vor Weihnachten 2021 eine Buchempfehlung erschien, habe ich das Buch zumindest wieder einmal hervorgeholt und ließ es vor der Empfehlung „posieren“.

Telefonica 2021 mit Buchempfehlungsseite aus "Solidarität" Nr. 996us "Solidarität us (

Kurz danach traf ich Peter zu einem Spaziergang. Da das Buch ohnehin zu schade dafür ist, nur von einem Menschen gelesen zu werden, habe ich es ihm geschenkt. Ich hoffe, dass „Telefónica“ weiterreist – oder jedenfalls in Peters Bücherregal einen schönen Platz findet.

Mehr über den Roman, der 2021 in einer „Erfolgsausgabe“ erschien, ist über die Website der Edition Atelier in Erfahrung zu bringen.

Hier gibt es eine Version dieses Textes als PDF

Verfasserin: Andrea Ghoneim

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