Die vorletzte Prinzessin mit Bart

Martin Auer. Die Prinzessin mit dem Bart. Im Verlag des Autors/edition handmade books. 2017.

Martin Auer kenne ich seit meinen Recherchen zur Literatur im WWW. Die war in den 1990er Jahren noch ganz jung und neu und Martin Auer, der damals vor allem als Kinderbuch-Autor bekannt war, hatte 1996 eine "Lyrikmaschine" als Website aufgesetzt. Diese Website gibt es unter der URL https://martinauer.net noch immer. Das Werk des Autors hat sich ebenso wie die Website weiterentwickelt und wurde dabei stets auch von den Möglichkeiten, die die Medien bieten und boten inspiriert. 

Ich habe mit dem Autor 2003 ein Interview gemacht, das auch über seine Website abrufbar ist. Zuletzt habe ich 2007 über ihn geschrieben. Der Artikel "Medienadäquate Sprache und/oder elektronische Spielerei. 'Das ist nicht mein Zettelkasten' von Martin Auer im WWW" ist in einer gescannten Version der Kairoer Germanistischen Studien digital verfügbar. Der mehrfache Medientransfer - gedruckte Screenshots wurden wieder digitalisiert - wäre einen eigenen Artikel wert, aber das ist nicht das Thema dieses Blogs.

Ich blieb mit Martin Auer lose über soziale Netzwerke verbunden und erhielt so 2017 die Einladung zu einem Crowdfunding. Der Autor über sein Projekt:

29 Kinderbücher habe ich seit 1986 in verschiedenen deutschen und österreichischen Verlagen veröffentlicht und 11 davon sind mit Preisen ausgezeichnet worden. Mein dreißigstes Kinderbuch bringe ich nun selbst heraus, denn für ein Buch, in dem der Prinz den Prinzen heiratet, "ist die Zeit noch nicht reif", wie man mir gesagt hat. Also frage ich halt die Crowd: "Ist die Zeit reif oder nicht?" (Martin Auer: Die Prinzessin mit dem Bart. Youtube. 15.08.2017.)

Mir gefällt die Idee und ich werde Teil der Crowd, die das Projekt unterstützt. Es gibt offensichtlich genug Menschen, die finden, dass die Zeit reif ist, für eine Märchenfigur, die die Geschlechtergrenzen transzendiert: Einige Monate später erhalte ich fünf Exemplare eines sehr schön gemachten, illustrierten Buchs. 


Die Geschichte von Prinz Adelmut, der sich zu Prinzessin Adelmute verwandelt um Prinz Goldherz heiraten zu können, und sich dann einen Bart wachsen lässt um nicht nur "Prinzessinnendinge" tun zu dürfen, sondern sowohl Mädchen im Fechten unterrichten zu können als auch Jungs das Blumenkranzflechten beizubringen, ist mir sofort ans Herz gewachsen. Die Buchhandlung Löwenherz bringt es auf den Punkt:

Märchenhaft erzählt, in einer charmanten Mischung aus getragen-traditioneller und modern-flotter Sprache und anspruchsvoll mit künstlerischen Kollagen illustriert ist »Die Prinzessin mit dem Bart« ein kluges Kinderbuch, das Geschlechter- und Herkunftsrollen in Frage stellt – und das man vor allem auch liebgewinnt und gerne mehrmals lesen mag. (https://www.loewenherz.at/index_lw_nr.php?LWNR=16405)

Stolz habe ich drei Exemplare davon recht flott verschenkt, zwei aber stehen noch in meinem Bücherregal. Ob Ida, die Tochter der Freundin, die ich morgen besuche, wohl schon alt genug ist für dieses Märchen? Ich habe Ida und ihre Mutter schon wieder ein Jahr lang nicht gesehen, da passiert viel bei großen und kleinen Menschen. Letztes Jahr mochte sie jedenfalls Bücher lieber als Schnee. Und falls die Eltern einmal des Vorlesens müde werden sollten, gibt es auch noch ein Youtube-Video, in dem Martin Auer die Geschichte erzählt.

Aber ein Buch zu haben, sich am Umblättern der Seiten und an Buchstaben, Wörtern, Sätzen, Bildern freuen zu können, ist immer schön. So wird das vorletzte Exemplar der "Prinzessin mit dem Bart" nun mein Bücherregal verlassen und zu Ida übersiedeln. Das letzte Buch wird in meinem Regal bleiben, denn ich bin stolz darauf, eine Frucht meiner ersten (und bisher letzten) Teilnahme an einem Crowdfunding bei mir zu behalten.

Verfasserin: Andrea Ghoneim

 

 

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